Selen (Se)

Das Spurenelement Selen wurde bereits unter "Antioxidanzien" kurz beschrieben, da Selen ein entscheidender Bestandteil antioxidativ wirkender Enzyme ist. Im folgenden wird Selen als Spurenelement noch einmal ausführlicher beschrieben.

Aufgaben und Funktionen
Der Gesamtbestand des Menschen an Selen beträgt ca. 10-15 mg. Selen ist ein notwendiger Bestandteil des Enzyms Glutathionperoxidase. Dieses Enzym wandelt die im Organismus immer wieder auftretenden schädlichen, aktiven Formen von Sauerstoff, vor allem Peroxide, in unschädliche Substanzen um. Neben den Enzymen Katalase (eisenhaltig!) und Superoxid-Dismutase (enthält Mangan, bzw. Zink und Kupfer) sowie den Antioxidanzien Vitamin A, C und E und Beta-Carotin gehört Selen auch dem antioxidativen System an, das den Organismus vor oxidativem Streß schützt. Wie Vitamin C ist das selenhaltige Enzym Glutathionperoxidase vor allem in der wäßrigen Phase der Zelle wirksam. Außerdem wirkt Selen als Gegenmittel (Antidot) gegenüber chronischen Belastungen mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Quecksilber.

Vorkommen in Lebensmitteln
Selenreiche Nahrungsmittel sind Seefisch, Fleisch, Eier (davon besonders Eigelb) und auch Getreideprodukte. Da in Deutschland der Selengehalt der landwirtschaftlich genutzten Böden relativ gering ist, enthalten unsere heimischen Lebensmittel wenig Selen.

Bedarf und Bedarfsdeckung
Der Bedarf an Selen wird mit täglich 50 - 200 µg (0,05 - 0,2 mg)* angegeben. Manche Wissenschaftler sehen als optimale Aufnahme 250 - 300 µg. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt 20-100 µg/Tag. Die durchschnittliche Selenzufuhr in Deutschland ist mit ca. 40 - 60 µg recht niedrig und an der Grenze zu einer Mangelversorgung. Sie erreicht häufig nicht die international empfohlenen Zufuhrmengen und ist auch im Vergleich mit anderen Industrieländern gering.  Obwohl klinisch erkennbare Anzeichen eines Selenmangeis in Deutschland bisher nicht beobachtet wurden, legt der niedrige Durchschnittswert nahe, daß es Risikogruppen mit einer ungenügenden Selenaufnahme gibt. Zudem muß bedacht werden, daß in Deutschland unter der Norm liegende Blutspiegel von Selen bei bestimmten Krankheiten festgestellt wurden, z.B. bei Herzinfarkt, koronarer Herzerkrankung, Krebs und Leberzirrhose. Auch bei konservativster Deutung der vorliegenden Daten muß daraus geschlossen werden, daß die Selenversorgung des gesunden Bundesbürgers nur knapp oberhalb des Mangelniveaus liegt.

Mangelerscheinungen
Schwerer Selenmangel führt beim Menschen zu speziellen Formen einer "dilatativen Kardiomyopathie" (krankhafte Vergrößerung des Herzens) und zu schweren Gelenkerkrankungen (Keshan-Krankheit). Bei Tieren führt ein Mangel zu Störungen im Immunsystem, Leberschäden, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, Muskelschwund und Funktionsstörungen der Augen.

Anwendungsgebiete
Zahlreiche Erkrankungen werden inzwischen mit statistischer Sicherheit mit einer nicht ausreichenden Selenversorgung in Zusammenhang gebracht. Daher ist es sinnvoll, die in Deutschland niedrige Selenaufnahme durch eine Nahrungsergänzung mit Selen zu erhöhen. Als Dosierung dürften dabei ca. 50 - 100 µg/Tag sinnvoll sein.
  
Erkrankungen, die mit einem Selenmangel in Zusammenhang stehen können:  

Bei all diesen Erkrankungen ist es zur Vorsorge (Prophylaxe) und zur Behandlung sinnvoll, eine ausreichende Selenversorgung sicherzustellen.

Krebs
Es gibt zahlreiche Daten, die einen Zusammenhang zwischen Krebs und Selenmangel nahelegen. Je geringer die Selengehalte der landwirtschaftlich genutzten Böden und damit die Selenzufuhr mit der Nahrung, desto häufiger tritt Krebs auf.

Selen hat einen Einfluß auf die Kanzerogenese (Entwicklung von Krebs). Durch die Gabe von Selen lassen sich Tumore der Haut, Leber und des Dickdarms teilweise hemmen. Niedrige Selenspiegel im Blut sind Anzeichen für ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

Durch die Gabe von Selen werden die Nebenwirkungen von Krebs-Chemotherapeutika herabgesetzt, ohne daß gleichzeitig ihre Wirkung vermindert wird.

Herzerkrankungen
Eine Abnahme des Sterberisikos an Herz- Kreislauf-Erkrankungen mit zunehmendem Blutspiegel an Seien wurde mehrfach festgestellt. Auch Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von koronaren Herzerkrankungen und der Höhe der Selenaufnahme wurden aufgezeigt. Je höher die Selenzufuhr, desto weniger Erkrankungen traten auf. Ein Zusammenhang zwischen der Sterblichkeitsrate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ungenügender Selenversorgung gilt inzwischen als statistisch gesichert.

Rheumatische Erkrankungen
Bei rheumatischen Erkrankungen liegen meist erniedrigte Selenspiegel vor. Einige Untersuchungen weisen auf eine Besserung der klinischen Symptome durch die Gabe von Selen hin. Die Britische Arthritis Gesellschaft empfiehlt bei Rheuma die Gabe von Selen, zusammen mit Vitamin A, C und E.

Alterungsvorgänge
Im Alter geht der Selengehalt im Blut meistens zurück, ein Anzeichen für eine Unterversorgung. Ursache für einen Selenmangel im Alter dürfte eine zu einseitige Ernährung, Konservenkost und eine insgesamt geringe Nahrungsaufnahme sein. Wegen der altersbedingten Zunahme von Krebs, Herzerkrankungen, Rheuma und Störungen des Immunsysterns ist besonders im Alter eine Nahrungsergänzung von Selen wichtig.

Schwermetallbelastungen (Rauchen, Zahn-Amalgam)
Selen spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von Schwermetallen. Raucher haben z.B. hohe Cadmiumwerte bei gleichzeitig niedrigen Selenspiegeln. Selen entgiftet teilweise Cadmium, wird aber dabei gleichzeitig seinen Aufgaben als Antioxidans entzogen. Ähnlich wird die Giftigkeit von Quecksilber durch Selen vermindert. Dadurch schützt Selen vor chronischen Vergiftungen des Organismus durch Zahn-Amalgam. Schwermetallbelastungen können daher bei ungenügender Zufuhr von Selen den Mangel im Organismus verstärken und damit die Entstehung von Arteriosklerose und Krebs begünstigen.

Weitere Erkrankungen
Bei den folgenden Erkrankungen könnte ein Selenmangel ebenfalls eine Rolle spielen:

Nebenwirkungen einer zu hohen Dosierung
Obwohl Selen bereits 1920 mit Erfolg als Arzneimittel bei inoperablen Krebserkrankungen eingesetzt wurde, galt es später als Gift. Erst nachdem man 1957 Selen als essentielles Spurenelement erkannte, wurde Selen wieder näher erforscht. Die tägliche Selenaufnahme sollte bei ca. 50 - 200 µg/Tag liegen. Beim Menschen wurden bei einer täglichen Selenaufnahme von 2000 µg (=2 mg) keine Nebenwirkungen beobachtet. In Japan führten lebenslange Zufuhren von ca. 500 µg/Tag, in China von 750 µg/Tag zu keinerlei Symptomen einer Überdosierung. Um einen "Sicherheitsabstand" zu gewährleisten, sollte die Selenzufuhr auf Dauer 400 µg/ Tag nicht überschreiten. Kurzfristig können jedoch bis zu 1000 µg (=1 mg)/Tag gegeben werden. Bei Einnahme von mehr als 3000 µg/Tag (=3 mg/Tag) über mehrere Monate treten gastrointestinale Störungen, Kopfschmerzen, Haarausfall und knoblauchartige Atemluft auf. Nach Absetzen der Selenzufuhr verschwinden diese Symptome nach 1-2 Wochen.